Todenhöfer,
Jürgen: Wer weint schon um Abdul und Tanava?
Die Irrtümer des Kreuzzuges gegen den Terror. Herder Verlag,
Freiburg, Basel, Wien 2003
Um es vorweg zu sagen, der Autor, einer der erfolgreichsten
und einflussreichsten Manager Deutschlands und viele Jahre im politischen
Geschehen nicht unumstritten tätig, betont seine „Liebe zu Amerika“ und
unterscheidet ausdrücklich zwischen Antiamerikanismus und Antibushismus.
Sein Buch ist eine menschliche Empörung, ein Ruf, ein
Aufbegehren gegen einen Krieg, der den Tod unschuldiger Menschen bewusst
einplant. Mit Herzblut, eindringlichen Argumenten und analytischem Scharfsinn
richtet er sich an die Leser, an die Menschheit.
Er hat Einfluss und macht diesen geltend, indem er sich
einmischt und aufzeigt. Bereits 1981 während des sowjetischen
Afghanistanfeldzuges, damals noch mitten in seiner politischen Karriere, bereist
er das Land und sucht vor allem die Menschen auf, um sich einen Eindruck von
deren Not zu verschaffen und als Sprachrohr die Regierenden unserer westlichen
Welt aufzurütteln. Er knüpft Beziehungen und initiiert Spendenaktionen. Rüttelt
und schüttelt weiter, da das Land und dessen Menschen immer wieder in
Vergessenheit zu geraten drohen.
Nach dem 11. September, als Bomben auf Afghanistan fallen,
am ehesten unschuldige Zivilisten und nicht die Drahtzieher des Al Kaida
Netzwerkes treffen, erhebt er seine Stimme gegen das westliche Unterfangen,
Terror mit militärischer Gewalt zu bekämpfen und über die Rache den Blick für
eine Gerechtigkeit zu verlieren. Er fragt, wie wohl auf amerikanischer Seite
damit umgegangen wäre, hätte „ein französischer Pilot (....) bei einer Übung
in Texas versehentlich eine Hochzeitsgesellschaft bombardiert.
Am eindrücklichsten sind wohl seine Schilderungen vor Ort
– in Afghanistan und im Irak - , seine Begegnungen mit Menschen. Er nennt ihre
Namen und holt sie damit aus einer anonymen Masse, die den sogenannten
Kollateralschäden preisgegeben
wird.
Der Autor findet auch zu früheren Kriegseinsätzen der USA
klare Worte. Worte, die sich ebenfalls im Film von M. Moore „Bowling for
Columbine“ wiederfinden und die uns eindrücklich vor Augen führen, wohin die
Reise geht, wenn Gewalt allein mit Gewalt und Rache beantwortet und
Menschenrechte dabei missachtet und verhöhnt werden. Die muslimische Welt
betrachtet er ebenso kritisch. Trennt jedoch, was in westlich-uninformierten
Kreisen oft zusammengebracht wird, den Islam vom Islamismus.
Herr Todenhöfer hält ein Plädoyer dafür, die Debatte über
den Irak auf einem anderen intellektuellen Niveau zu führen und endlich wieder
den Fakten eine Chance zu geben. „Es könnte sein, dass wir 30 Tage Bomben auf
den Irak mit 30 Jahren Terrorismus bezahlen“ und dass wir unser neues
Jahrhundert „zu einem Jahrhundert des Terrorismus“ machen. Und er fragt:
“Was ist das für eine Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen?“
Wie gut, dass ein ehemals konservativer Politiker, der
offenbar zu den „Hardtlinern“ gehörte, dieses Plädoyer für eine
politische Lösung in Buchform herausbrachte, damit hat es sicherlich große
Chancen, von einer breiteren Leserschaft nicht gleich beiseite gelegt zu werden.
Ingritt Sachse
Bonn, März 2003
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Wer weint schon um Abdul und Tanaya?
Die Irrtümer des Kreuzzuges gegen den Terror.