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Garaudy, Roger: Das schwache Geschlecht ist unsere Stärke, München 1985, dtv, 140 Seiten


Der Autor, Professor für Philosophie und Kunstgeschichte sowie Spezialist für vergleichende Religionsphilosophie, liefert einen kenntnisreichen Abriß der sechstausendjährigen Unterdrückung der Frau im Patriarchat. Dem stellt er die Geschichte der Frauenbewegung gegenüber, deren Hauptanliegen er in dem Bestreben um die Gleichstellung gegenüber dem Mann sieht. Er macht auch deutlich, daß eine Befreiung der Frau einer Befreiung des Menschen gleichkommt, wobei er u.a. an die Marxsche Formulierung erinnert, wonach der gesellschaftliche Fortschritt sich am gesellschaftlichen Fortschritt des 'schönen Geschlechtes' messen lassen muß.

Garaudy versucht immer den marxistischen Gesichtspunkt mit einfließen zu lassen, weicht aber insofern von der Doktrin ab, als er kritisch anmerkt, daß die Frau in den bisherigen kommunistischen Systemen in keiner Weise wesentlich besser gestellt ist als in denen kapitalistischer Prägung - mit der Änderung der gesellschaftlichen Bedingungen sich nicht alles automatisch zum Guten wendet. In dieser Hinsicht versteht man, daß er seinerzeit aus der Kommunistischen Partei Frankreichs ausgeschlossen wurde, dessen Zentralkomitee er angehörte. Allerdings mag der Hauptgrund gewesen sein, daß er eine Synthese zwischen Kommunismus und Christentum anstrebte. So schimmert auch im vorliegenden Buch sein Götterglaube durch, den er in keiner Weise in Frage stellt, lediglich die Kirche habe 'die reine Lehre' des Christentums mißbraucht.

Wenn Garaudy "auf dem Weg zu einer Feminisierung der Gesellschaft" nicht nur für die Gleichstellung der Frau, sondern für die Anerkennung ihrer Verschiedenheit plädiert, weil er ihr eine eigene Denkungsart zubilligt, die von der männlichen grundverschieden sei, so ist dies sicher zu begrüßen; es fragt sich aber, ob diese nicht erst entwickelt werden muß, denn sechtausend Jahre Unterdrückung haben ihre Spuren hinterlassen und es bleibt problematisch, wenn der Autor suggeriert, die Frau habe die erlösende Denkungsart und man müsse sie nur an die Macht lassen. Bislang hat die Macht noch jeden korrumpiert.

Dipl.-Psych. B.Kuck

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Das schwache Geschlecht ist unsere Stärke