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Ohm, Dietmar: Lachen, lieben- länger leben, TRIAS, Stuttgart,1997, 220 S., 29,80 DM


Der Titel riecht nach Aktionsprogramm für laue Sommernächte. Längeres Leben wird als Gewinn ausgesetzt? - Gut zu wissen, dass die Autoren kaum Einfluss auf die Betitelung eines Buches haben. Also mal reinschauen! Und das hat sich wirklich gelohnt. Der Inhalt ist nicht plakativ-alliterativ, sondern fundiert und zudem gut lesbar. Es geht um Salutogenese und nicht darum, dem Leben Jahre, sondern den Jahren Leben hinzuzufügen. Zur Ehrenrettung des Verlages seien die Untertitel des Buches angefügt: Genießen lernen, Lebenssinn finden, Freude und Glück erleben; Selbstheilungskräfte aktivieren; Gesundheitspsychologie im Alltag.
Einleitend sensibilisiert der Autor mittels bekannter Krankheits- und Gesundheitsdefinitionen für die Sinnhaftigkeit der Salutogenese, ohne den Fehler zu begehen, letztere absolut zu setzen. Auch die biomedizinische Sichtweise hat eine Berechtigung, führt aber bei einseitiger Betrachtung in die Sackgasse, sobald die Seele als Störfaktor angesehen wird. Mit hintersinnigem Humor wird der Chirurg zitiert, der den Störfaktor eliminiert, indem er zu Protokoll gibt, in seiner 25-jährigen Op-Zeit noch keine Seele gefunden zu haben. So wie diese gibt es viele schräge Blickwinkel, die bei salutogenetischer Sicht zum lachen reizen. Und das ist gesund. Das Leben salutogenetisch zu sehen, bedeutet nicht, dass Krankheit negiert würde. Es geht vielmehr um die Auflösung der Dichotomie zwischen Gesundheit und Krankheit durch die Schaffung eines Kontinuums. Das medizinische Modell der Homöostase fordert Gleichgewicht als erstrebenswerten Normalzustand. Im Kontinuum ist kein Gleichgewicht zu erwarten. Vielmehr gilt die von der Realität abgeleitete These des Ungleichgewichts als ein fundamentales Prinzip des Lebens. In der Praxis geht es darum, günstigere Gesundheitsbedingungen zu schaffen. Das ist das Hauptthema des Buches. Mit dem kurz skizzierten Risikofaktorenmodell wurde dies bisher leidlich geschafft. Ungünstig erscheint dabei der erhobene Zeigefinger und die immer noch verbreitete Angstmotivation. Als günstiger erweist sich das Schutzfaktorenmodell, weil hier eine Gesundheitsförderung mit freudigem Elan möglich wird. Die positive Grundhaltung unterstützt Gelassenheit und Souveränität. Als Fördertechniken skizziert der Autor die Entspannungsmethoden Autogenes Training und Progressive Relaxation. In Gelassenheit kommt es häufiger zu Freude und Lachen, selbst in schwierigen Situationen, wie der Autor an Hand prägnanter Beispiele deutlich macht. Als Schutzfaktoren werden beispielhaft sowohl die Selbstvergessenheit im Flow als auch der soziale Rückhalt behandelt. Es verwundert den Autor, dass in früheren Abhandlungen zur sozialen Unterstützung Erotik und Sexualität weitgehend ausgespart blieben. Befreit von Mythen und Vorurteilen sind beides Schutzfaktoren. Hier lautet die Devise nicht funktionieren, sondern erleben. Ressourcenorientiert führt der Autor über Verstehen, Bewältigen und Sinnhaftigkeit zum Kohärenzgefühl nach Aaron Antonovsky. Bei der Frage nach dem Sinn bezieht er sich auf Viktor Frankl.
Die Postulate und Hinweise sind jeweils mit Forschungsergebnissen belegt. Einschlägige Untersuchungen sind locker eingefügt und interessant berichtet. Eigene persönliche Erfahrungen bringt der Autor ebenso ein, wie sein breites therapeutisches Wissen. Der gut lesbare Text wird mit Piktogrammen geschickt gegliedert. Auch die salutogenetische Korrektur des Buchtitels wurde nicht vergessen: Selbst wenn Lachen das Leben nicht verlängert, so macht das Leben mit Lachen doch wesentlich mehr Spaß!
Der Text bietet mit ausführlichem Literaturverzeichnis eine fundierte und kurzweilige Einführung in die Gesundheitsförderung mittels Positivstrategie. Er bietet für Laien gute Handlungsanregungen und für Fachleute prägnante Übersichten und Zusammenfassungen.


Dipl.-Psych. Helmut Brenner, Bad Salzuflen

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